Migräne im Griff? Neue Wege zur Linderung, wenn nichts mehr hilft

Was hilft wirklich bei Migräne? Neue Medikamente wie CGRP-Antikörper, Alternativen zu Triptanen und sinnvolle nächste Schritte für Betroffene.

Migräne ist mehr als Kopfschmerz. Es ist ein neurobiologisches Phänomen, das mit Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und oftmals tagelanger Einschränkung einhergeht. Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter, viele davon regelmäßig.

Während die klassische Behandlung oft an ihre Grenzen stößt, hat sich in den letzten Jahren etwas Entscheidendes verändert: Neue Medikamente und Therapieansätze greifen gezielter, individueller und endlich auch dort, wo herkömmliche Mittel versagen.

Migräne verstehen: Warum klassische Ansätze oft scheitern

Migräne entsteht durch eine Überaktivität im trigeminalen Nervensystem, wobei der Botenstoff CGRP (Calcitonin Gene‑Related Peptide) eine zentrale Rolle spielt. CGRP weitet Blutgefäße, verstärkt Entzündungen und feuert Schmerzsignale – die perfekte Mischung für einen Migräneanfall.

Lange Zeit zielten Therapien auf Symptome: Schmerzmittel, Triptane oder Betablocker als Prophylaxe. Doch viele Patientengruppen sprachen nicht ausreichend darauf an oder litten unter Nebenwirkungen. Hier beginnt der Wandel: Neue Wirkstoffe setzen früher an, direkt am Auslöser.

Moderne Therapieansätze im Überblick

CGRP-Antikörper: gezielte Blockade des Migränesignals

Seit einigen Jahren revolutionieren monoklonale Antikörper (mAbs) die Migräneprävention.

Die Wirkstoffe blockieren entweder den CGRP-Botenstoff selbst oder seinen Rezeptor. Der Effekt: Weniger Anfälle, oft auch weniger stark. Besonders bei chronischer Migräne (>15 Kopfschmerztage/Monat) zeigen sich deutliche Verbesserungen.

Verabreicht werden sie als monatliche oder quartalsweise Injektionen, teilweise in der Apotheke erklärt oder direkt an Patienten abgegeben. Nebenwirkungen sind vergleichsweise selten und meist mild.

Gepants: Tablette statt Spritze

Ein Gamechanger für viele: sogenannte Gepants, orale CGRP-Rezeptorantagonisten.

Im Gegensatz zu Triptanen belasten sie das Herz-Kreislauf-System nicht – ein großer Vorteil für Patienten mit Vorerkrankungen. Zudem sind sie einfach anzuwenden und gut verträglich.

Ditans & neue Alternativen

Lasmiditan ist ein Vertreter der Ditane. Er greift selektiv am 5-HT₁F-Rezeptor an und wirkt besonders bei Triptan-Unverträglichkeit. Zavegepant ergänzt das Portfolio als Nasenspray zur Akuttherapie, ideal für Patienten, die Probleme mit Tabletten oder Injektionen haben.

Auch Botox kommt bei chronischer Migräne zum Einsatz, ebenso wie Nervenblockaden (z. B. GON-Block), die in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden.

Ergänzende Verfahren: Neurostimulation und mehr

Nicht medikamentöse Verfahren wie das tragbare Cefaly-Gerät (transkutane elektrische Nervenstimulation) oder Neurostimulatoren bieten Alternativen, besonders für Patienten, die Medikamente nicht vertragen oder ergänzende Maßnahmen suchen.

Auch Biofeedback, Verhaltenstherapie und individuell angepasste Entspannungsmethoden zeigen in Kombination oft gute Erfolge.

Grafik: Migräne-Behandlungsoptionen

Wann lohnt sich ein Umstieg auf moderne Migränetherapien?

Nicht jede Migräne lässt sich mit herkömmlichen Schmerzmitteln oder Triptanen in den Griff bekommen. Viele Betroffene erleben trotz jahrzehntelanger Behandlung weiterhin regelmäßige, teils schwer belastende Anfälle, manchmal mehrmals im Monat, manchmal so heftig, dass Alltag, Arbeit und soziales Leben darunter leiden.

In solchen Fällen lohnt sich ein Blick auf die modernen Therapien, insbesondere auf CGRP-Antikörper, Gepants und Ditans. Doch für wen sind diese wirklich sinnvoll?

Klassische Warnzeichen für unzureichende Kontrolle

Ein Umstieg oder die Ergänzung der bisherigen Behandlung kann sinnvoll sein, wenn:

  • mehr als drei bis vier Migräneanfälle pro Monat auftreten
  • Triptane keine ausreichende Wirkung zeigen oder zu spät wirken
  • häufige Schmerzmittel-Einnahme nötig ist, um den Alltag zu bewältigen
  • Nebenwirkungen oder Kontraindikationen bestehen (z. B. bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
  • die Lebensqualität deutlich eingeschränkt ist, trotz regelmäßiger Behandlung

Auch bei sogenannten medikamenteninduzierten Kopfschmerzen (MÜK), also Migräne, die durch übermäßige Schmerzmittel ausgelöst oder verstärkt wird, ist ein struktureller Therapiewechsel oft angezeigt.

Wer profitiert besonders von CGRP-Therapien?

CGRP-Hemmer gelten heute als vielversprechendster Therapieansatz für die Migräneprophylaxe. Besonders sinnvoll sind sie bei:

  • chronischer Migräne (mehr als 15 Kopfschmerztage im Monat, davon ≥8 mit Migränesymptomatik)
  • Versagen von mindestens zwei herkömmlichen Prophylaxen (z. B. Betablocker, Antidepressiva)
  • guter Triptan-Wirkung bei akuten Attacken, aber zu häufiger Anwendung

Die Behandlung erfolgt meist einmal monatlich (subkutan) oder alle drei Monate (intravenös). Erste Studien zeigen, dass viele Patienten die Anzahl ihrer Migränetage um bis zu 50 % oder mehr reduzieren konnten, bei guter Verträglichkeit.

Alternativen für akute Attacken

Gepants (z. B. Ubrogepant) und Ditans (z. B. Lasmiditan) kommen vor allem bei akuten Attacken zum Einsatz, insbesondere, wenn Triptane:

  • nicht ausreichend wirken
  • nicht vertragen werden
  • aus medizinischen Gründen nicht eingenommen werden dürfen (z. B. bei koronarer Herzkrankheit)

Diese Wirkstoffe wirken gezielter, sind oft besser verträglich und greifen nicht ins Gefäßsystem ein, was sie für viele Patienten sicherer macht.

Der richtige Zeitpunkt für den nächsten Schritt

Ob eine moderne Migränetherapie in Frage kommt, hängt von mehreren Faktoren ab: der Häufigkeit, Schwere und Dauer der Anfälle, bisherigen Erfahrungen mit Medikamenten, Vorerkrankungen und persönlichen Präferenzen.

Wichtig ist: Sie müssen Migräne nicht aushalten. Wenn die aktuelle Behandlung nicht den gewünschten Effekt bringt, ist es absolut gerechtfertigt, mit dem behandelnden Arzt über Alternativen zu sprechen.

Je früher dieser Schritt erfolgt, desto eher lässt sich vermeiden, dass Migräne chronisch wird oder in einen Teufelskreis aus Übermedikation, Rückzug und Frustration führt.

Was Sie selbst tun können und was jetzt sinnvoll ist

Wenn Sie häufiger unter Migräne leiden – sei es an zwei, vier oder zehn Tagen im Monat – ist es sinnvoll, genauer hinzusehen. Denn moderne Therapieansätze wirken nicht nur im akuten Anfall, sondern können auch helfen, die Häufigkeit und Intensität langfristig zu senken.

Die wichtigsten Schritte:

Klärung durch den Arzt

Ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt ist die Grundlage. Dort kann geklärt werden:

  • Wie häufig treten die Migräneanfälle auf?
  • Wie stark sind die Einschränkungen im Alltag?
  • Wurden bereits verschiedene Therapien ausprobiert?

Oft ist der nächste Schritt ein Rezept für ein modernes Medikament, entweder zur Akutbehandlung oder zur Prophylaxe.

Alltag und Lebensstil nicht vergessen

Auch wenn moderne Medikamente oft einen spürbaren Unterschied machen, sie wirken am besten in Kombination mit einem stabilen Lebensrhythmus. Das bedeutet:

  • Ausreichend Schlaf
  • Regelmäßige Mahlzeiten
  • Viel trinken
  • Stressreduktion (z. B. durch Atemtechniken oder moderate Bewegung)
  • Vermeidung individueller Trigger (z. B. Licht, Lärm, Alkohol, hormonelle Schwankungen)

Wenn Sie sich unsicher sind, was Ihnen hilft oder schadet, beraten wir Sie hier gern, auf Basis fundierter Informationen und unserer Erfahrung aus dem Apothekenalltag.

Fazit

Moderne Migränetherapien bieten neue Möglichkeiten, besonders für Menschen, die mit herkömmlichen Mitteln an ihre Grenzen stoßen. Wer häufig unter Attacken leidet, Triptane schlecht verträgt oder seine Lebensqualität spürbar eingeschränkt erlebt, sollte über einen Therapiewechsel nachdenken.

CGRP-Hemmer, Gepants und ergänzende Verfahren wirken gezielter, sind oft besser verträglich und eröffnen neue Wege der Behandlung. Entscheidend ist, die Optionen zu kennen, sie realistisch einzuordnen und gemeinsam mit einem erfahrenen Arzt den passenden Ansatz zu finden.

Information ist der erste Schritt, Veränderung der zweite.